Neues aus der Wissenschaft

15.10.2021 | Genetische Einblicke in die biologischen Mechanismen der ovariellen Alterung

In den letzten 150 Jahren ist die Lebenserwartung von 45 auf 85 Jahre gestiegen (Christensen et al. Ageing populations: the challenges ahead. Lancet 2009; 374: 1196-1208). Das natürliche Menopausenalter ist dagegen relativ konstant bei 50-52 Jahren geblieben. Der Wunsch, den fertilen Zeitraum zu verlängern, kann zum Teil durch aufwendige, invasive Verfahren (z.B. mittels Entnahme und Kryokonservierung von Eizellen/Eierstockgewebe) erreicht werden. Allerdings spielt auch hier wieder das Alter bei der Gewebeentnahme eine Rolle.

Eine umfangreiche europäische Studie (n = 200 000) hat nun mittels Analyse von Biodatenbanken eine Assoziation von Genvarianten mit dem Beginn der Wechseljahre von Frauen im Alter von 40-60 Jahren untersucht (Ruth et al. Genetic insights into biological mechanisms governing human ovarian ageing. Nature 2021; 596: 393–397). Dabei wurden 290 gängige Genvarianten identifiziert, die mit einer ovariellen Insuffizienz assoziiert sind. Die meisten dieser Gene sind in die Reparatur von DNA-Schädigungen involviert. Der Einfluss einzelner Gene auf die Phase der Fertilität war z.T. gering (Differenzen von 3,5 Wochen) oder hoch (Differenzen von 1,5 Jahren). Bei den Allelen, die an der Entwicklung einer prämaturen ovariellen Insuffizienz beteiligt sind, handelt es sich zum Teil um Loss-of-Function-Varianten sehr wesentlicher DNA-Reparatur-Gene. Einzelne Gene wurden infolge mittels Knock-out Experimenten an Mäusen hinsichtlich ihrer Relevanz geprüft. Dabei konnte gezeigt werden, dass eine Inaktivierung von CHEK2 die Fertilitätsphase älterer weiblicher Mäuse verlängert. Bei jungen CHEK2−/−  Mäusen konnten ein Anstieg der ovariellen Reserve sowie ein besseres Ansprechen auf eine Gonadotropin-Stimulation beobachtet werden.

Traum der Autoren dieser Studie ist, dass durch temporäre Ausschaltung dieser Gene möglicherweise in Zukunft das Ansprechen auf eine hormonelle Stimulation im Rahmen von Maßnahmen der assistierten Reproduktion gesteigert werden könnte.
Wir sind gespannt!

Prof. Dr. med. Sabine Segerer