Neues aus der Wissenschaft

01.07.2018 | Hormontherapie nach prophylaktischer Adnexektomie bei BRCA-Trägerinnen - sicher?

Frauen mit einer BRCA-Mutation haben ein erhöhtes kumulatives Lebenszeitrisiko, an einem Mamma- (56-84%) bzw. Ovarialkarzinom (54%) zu erkranken (1). Untersuchungen ergaben, dass eine prophylaktische bilaterale Salpingoovarektomie die Gesamtmortalität von BRCA-Trägerinnen (mit und ohne Mammakarzinom) senkt, so dass sich immer mehr Frauen zu dieser primären Prävention entscheiden (2, 3). Durch die chirurgisch-induzierte Menopause kommt es allerdings neben akuten klimakterischen Beschwerden infolge des Östrogenmangels auch zu möglichen Langzeitnebenwirkungen (erhöhtes Osteoporose-/kardiovaskuläres Risiko). Postoperativ erhalten BRCA-Trägerinnen (ohne Mammakarzinom in der Vorgeschichte) daher häufig eine Hormontherapie. Bislang war relativ unklar, ob es darunter zu einer Steigerung des Mammakarzinom-Risikos bei BRCA-Trägerinnen kommt.
Aktuell wurde nun eine prospektive longitudinale Kohortenstudie mit BRCA-Mutationsträgerinnen (872 BRCA-positive Frauen ohne vorheriges Mammakarzinom) publiziert, welche eine prophylaktische Salpingoovarektomie durchführen ließen (4). Bei 377 Frauen (43%) erfolgte im Anschluss eine Hormontherapie, während 495 Frauen (57%) keine Hormone einnahmen. Im anschließenden Follow-up (Median 7,6 Jahre) wurden 92 inzidente Mammakarzinome diagnostiziert. Die Anzahl der Brustkrebsfälle in der Kohorte mit war dabei nicht signifikant unterschiedlich zur Gruppe ohne Hormontherapie (HR 0,97; 95% CI 0,62-1,52; P=0,89). Dabei zeigte sich unter Östrogenmonotherapie - verglichen mit einer Östrogen-Progesteron-Kombinationstherapie – sogar ein reduziertes Risiko (12% vs. 22%; log rank P= 0,04). Dieser Effekt war noch deutlicher zu sehen, wenn die Salpingoovarektomie vor dem 45. Lebensjahr erfolgte (9% vs 24%; log rank P=0,009).
Ähnlich wie in der WHI-Studie fand sich in dieser Untersuchung bei einem Mammakarzinom-Hochrisikokollektiv ein protektiver Effekt der Östrogenmonotherapie. Die Kombinationstherapie war in dieser Studie nicht mit einer signifikanten Risikosteigerung verbunden.

  1. Kauff et al. Risk-reducing salpingo-oophorectomy for the prevention of BRCA1- and BRCA2-associated breast and gynecologic cancer: a multicenter, prospective study. J. Clin. Oncol. 2008;  26: 1331-1337
  2. Li et al. Effectiveness of prophylactic surgeries in BRCA1 or BRCA2 mutation carriers: a meta-analysis and systematic review. Clin. Cancer Res. 2016; 22: 3971-3981
  3. Schott et al. Women at familial risk of breast cancer electing for prophylactic mastectomy: frequencies, procedures, and decision-making characteristics. Arch. Gynecol. Obstet. 2017; 295: 1451-1458
  4. Kotsopoulos et al. Hormone replacement therapy after oophorectomy and breast cancer risk among BRCA1 mutation carriers. JAMA Oncol. 2018; Apr 19 [Epub ahead of print]


PD Dr. med. Sabine Segerer