Neues aus der Wissenschaft

01.05.2024 | Tabak bzw. Marihuana und Infertilität

Das Rauchen unterschiedlicher Substanzen ist als grundsätzliches Gesundheitsrisiko lange bekannt und wird auch im Zusammenhang mit der Fruchtbarkeit immer wieder thematisiert. Die amerikanische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (ASRM) hat sich auf Basis der aktuellen Studien in einer Stellungnahme zu dieser Frage positioniert (Practice Committee of the ASRM. Tobacco or marijuana use and infertility: a committee opinion. Fertil. Steril. 2024; 121: 589-603). Nachfolgend sind daraus die Zusammenfassung und die Schlussfolgerungen stichpunktartig dargestellt.

Zusammenfassung:

  • Der Tabakgenuss von Frauen ist mit einer verminderten Fertilität und einem erhöhten Risiko von Spontanaborten und ektopen Schwangerschaften assoziiert.
  • Der Tabakgenuss von Frauen scheint den Verlust der reproduktiven Funktion zu beschleunigen und die Menopause 1-4 Jahre früher eintreten lassen.
  • Der Tabakgenuss von Frauen und Männern ist negativ mit dem Erfolg einer assistierten Reproduktion assoziiert. Raucher/innen benötigen etwa doppelt so viele IVF-Versuche bis zur Konzeption.
  • Es gibt Hinweise darauf, dass die Qualität des Spermiogramms von Zigarettenrauchern niedriger ist als bei Nichtrauchern. Dieser Effekt ist dosisabhängig. Eine Reduktion der Fertilität ist nicht bewiesen. Das Abortrisiko scheint aber zu steigen.
  • Erste Daten zeigen, dass die als sichere Alternative beworbenen END (Electronic nicotine delivery systems: E-Zigaretten oder Verdampfer) die reproduktive Gesundheit schädigen und ihr Genuss in der Schwangerschaft für Feten nicht sicher ist.
  • Eine Assoziation des Marihuana-Abusus mit der weiblichen oder männlichen Fertilität, der Zeit bis zum Eintritt einer Schwangerschaft, den reproduktiven Hormonen, den Spermiogramm-Parametern sowie dem Ausgang einer assistierten Reproduktion ist bisher nicht konsistent bewiesen.

Schlussfolgerungen:

  • Die vorliegenden Daten unterstützen die Notwendigkeit des Verzichts auf das Tabakrauchen von Frauen und Männern zur Prävention der Fertilität.
  • Die vorliegenden Daten sprechen gegen die Sicherheit von END als Alternative zu den traditionellen brennbaren Zigaretten.
  • Eine Assoziation des Marihuana-Abusus mit der Fertilität und dem Ergebnis einer IVF ist derzeit nicht konsistent bewiesen. Das American College of Obstetrics and Gynecology und das American College of Pediatricians empfehlen präkonzeptionell und in der Schwangerschaft die Reduktion der Anwendung bzw. den Verzicht auf Marihuana.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth